Starkregenhinweiskarte NRW – Teil 1: Masterarbeit von Christian Bone
Im Oktober 2021 wurde durch das Bundesamt für Kartografie und Geodäsie (BKG) die kommunenübergreifende, landesweite Starkregengefahrenkarte für das Land Nordrhein-Westfalen veröffentlicht. Insbesondere Kommunen ohne eigene Starkregengefahrenkarte haben mit dem Erscheinen dieser neuen Karte mit einem umfangreichen Beratungsangebot in Politik, Verwaltung und Bürgerschaft zu rechnen, da mit Veröffentlichung Prävention, Ereignisnachsorge und eine angepasste Risikokommunikation vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit rücken.
Vor diesem Hintergrund hat Christian Bone im Rahmen seiner Masterarbeit „Starkregen-Analyse und Maßnahmenplanung“ die ersten dringlichsten Sofortmaßnahmen nach Erhalt, respektive der Veröffentlichung der Starkregengefahrenkarte, eruiert. Mittels Entscheidungscheckliste soll es Kommunen erleichtert werden, die ersten Schritte des Starkregenrisikomanagements zu gehen und von den langjährigen Erfahrung anderer Kommunen zu profitieren. Dies gilt insbesondere für Kommunen ohne eigene Starkregengefahrenkarte und limitierten personellen Ressourcen.
Zur Erarbeitung der Entscheidungshilfen wurden die theoretischen Grundlagen im Themenkontext erarbeitet. Dies beinhaltet sowohl Normen, Regelwerke und Leitfäden als auch die grundlegender Zusammenhänge infolge fluvialer und pluvialer Überflutungen, welche im Rahmen der Arbeit Überflutungen infolge Starkregen und die urbanen Sturzfluten inkludieren.
Unterschiede und Eigenschaften zwischen fluvialen und pluvialen Überflutungen
Kriterien | Pluviale Überflutungen | Fluviale Überflutungen |
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Ursache |
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Abflussentstehung |
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Zeit und Ablauf |
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Schäden |
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Darstellung |
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Da im Rahmen des Starkregenrisikomanagements eine Vielzahl von Begriffen großer Bedeutung zukommt, werden diese für ein besseres Verständnis grundlegende Begrifflichkeiten einheitlich definiert. Es gelten die folgenden Definitionen:
Gefahr: Potentiell schadensauslösende Einwirkung oder eine menscheninduzierte Handlung, welche Verletzungen und den Tod, sowie Sachschäden und Schädigungen der Umwelt und der Wirtschaft hervorrufen kann. Die Gefahr ist definiert durch ihre Häufigkeit, Wahrscheinlichkeit, den Ort und ihre Intensität.
Gefährdung: Potentielle Schädigung eines bestimmten zu schützenden Guts. Die Gefährdung ist als eine Art Erweiterung der Gefahr hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit, Art, Intensität und Ausdehnung zu verstehen. Sie stellt „eine qualitativ und quantitativ näher bestimmte Gefahr“ dar.
Vulnerabilität: Die Anfälligkeit eines Objektes oder Systems gegenüber einer spezifischen Gefahr mit einer bestimmten Ereignisstärke.
Exposition: Physisches ausgesetzt sein von Schutzgütern gegenüber Naturgefahren einschließlich schadensauslösenden Umgebungseinflüssen und Gefahren. Bindeglied zwischen Vulnerabilität und Gefahr.
Anfälligkeit: Charakterisiert ein System im Hinblick auf die Zeit und den Umfang der Reaktion auf spezifische Gefahren und Einwirkungen von außen, in der die Funktionsfähigkeit des Systems negativ beeinträchtigt wird.
Bewältigungskapazität: Fähigkeit eines Systems, nach dem Eintritt eines schadensauslösenden Ereignisses, die Funktionsfähigkeit wiederherzustellen.
Schadenspotential: Nachteilige Auswirkungen eines Ereignisses, welche sowohl zu materiellen Schäden als auch Funktionsausfällen von Systemkomponenten führen.
Risiko: Kombination der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Überflutungsereignisses mit den möglichen nachteiligen Überflutungsfolgen für die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe, wirtschaftliche Tätigkeiten und erhebliche Sachwerte.
Neben diesen theoretischen Grundlagen wurden weiterhin die kritischen Infrastrukturen erläutert und geeignete Maßnahmen zum Schutz bzw. zur Schadensminderung der Überflutungen recherchiert. Die Basis der konkreten Planung von Maßnahmen im Rahmen der Überflutungsvorsorge bildet eine hinreichend genaue Analyse der Überflutungsgefährdung sowie des Schadenspotentials. Ziel ist es, die lokalen Überflutungsrisiken, insbesondere für seltene und außergewöhnliche bzw. extreme Starkregenereignisse zu minimieren. Diese Minimierung hat stets in einem wirtschaftlichen angemessenen Verhältnis zu erfolgen. Für die Umsetzung der Maßnahmen ist eine Darstellung in Form einer Prioritätenliste zu empfehlen. Diese zeigt nicht nur die zeitliche Abfolge der Umsetzung auf, sondern berücksichtigt ferner Angaben des Finanzierungsbedarfes und -möglichkeiten. Die Maßnahmen können in folgende Kategorien differenziert werden:
- Kanalnetzbezogene Maßnahmen
- Infrastrukturbezogene Maßnahmen
- Gewässerbezogene Maßnahmen
- Flächenbezogene Maßnahmen
- Objektbezogene Maßnahmen
- Verhaltensbezogene Maßnahmen
- Maßnahmen der Abwasserbetriebe
Grundlegend ist unter Berücksichtigung all dieser Maßnahmen jedoch festzuhalten, dass die Gewährleistung eines angemessenen „Entwässerungskomforts“ im Verantwortungsbereich der Betreiber öffentlicher Entwässerungsysteme liegt. Nichtsdestotrotz sind die Bürger*innen auf die eigenen Pflichten im Rahmen der Eigenvorsorge hinzuweisen. Dies gilt insbesondere für den Schutz gegenüber Rückstau aus dem Kanalnetz. Ebenso ist eine detaillierte Betrachtungen von möglichen Eintrittspfaden auf dem eigenen Grundstück notwendig. Durch die landesweite Starkregengefahrenkarte haben alle Beteiligten ein weiteres Instrument erhalten, um zusätzliche Informationen in diese Betrachtungen mit einzubeziehen. Bedingt durch den hohen Detaillierungsgrad können der Karte so bereits erste Hinweise zu möglichen Eintrittspfaden wie z.B. Lichtschächte oder Souterrainbereiche entnommen werden, wobei die Erkenntnisse stets bestmöglich auf ihre Plausibilität zu prüfen sind.
Weitere Arbeitspunkte der Arbeit, insbesondere die Entscheidungscheckliste für Kommunen mit den dringlichsten Sofortmaßnahmen werden in einem separaten Blog-Artikel vorgestellt.
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