Christian Bone B.Eng.: Modelle und Daten in Starkregenkarten
Diesem Thema widmet sich Christian Bone in seiner Bachelorarbeit „Modelle und Daten in Starkregenkarten“. Christian Bone studiert an der FH Münster Umwelttechnik bei Prof. Grüning und unterstützt das IKT seit einem Jahr als studentische Hilfskraft u.a. im Kommunalen Netzwerk Abwasser. Ziel seiner Arbeit war es, die grundlegenden Funktionsprinzipien der Starkregensimulation darzustellen, die notwendige Datenbeschaffung zu erläutern und durch Befragung von Anwendern einen Einblick in die Praxis zu gewähren. Unter anderem sollten folgende Fragen beantwortet werden:
- Wie funktionieren die Simulationsprogramme?
- In welchem Umfang sind Daten zu erheben?
- Wieviel Arbeitszeit nehmen einzelne Prozessschritte in Anspruch?
- Welche Programme sind am Markt verfügbar?
- Welche Aspekte waren für die Anschaffung ausschlaggebend?
Diese zentralen Fragen beantworteten 17 Ingenieurbüros, die bereits Starkregengefahrenkarten für Kommunen erstellt haben, im Rahmen einer umfassenden Recherche. Christian Bone fasste sämtliche Ergebnisse in seiner Arbeit zusammen. Nachfolgend ein kurz gefasster Auszug:
Wie funktionieren die Simulationsprogramme?
Modelle, die auf hydrodynamischen Grundgleichungen basieren und weiterhin numerische Ansätze verwenden, werden als hydrodynamisch-numerische Modelle bezeichnet. Die verwendeten Grundgleichungen berücksichtigen die Massenerhaltung, die Impulserhaltung und die Transportgleichungen der Hydraulik. Strömungsvorgänge in Abhängigkeit von Ort und Zeit können dann mittels Differentialgleichungen beschrieben werden. Die Erstellung der Simulationen ist ein komplexer Prozess. Dieser unterliegt einer ständigen Weiterentwicklung. Durch bauliche oder klimatische Veränderungen können sich die Berechnungsnetze und auch Modellparameter verändern.
In welchem Umfang sind Daten zu erheben?
Um diese Frage zu beantworten bedarf es zunächst einer genauen Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Denn je genauer und komplexer die Simulation sein soll, je größer ist der Aufwand für die Datenbeschaffung. Dies wird am Beispiel der gekoppelten 1D/2D-Simulation deutlich. So sind neben Niederschlagsdaten, Kanalstammdaten eben auch Daten zur Oberflächenabbildung notwendig. Infolge dessen sollte zunächst geprüft werden, ob eine wenig detailreiche Simulation (vgl. DWA-M 119) ausreichend ist. Ein Großteil der notwendigen Daten sind an entsprechend Stellen verfügbar, wie zum Beispiel im ATKIS oder dem KOSTRA-Atlas. Ortsbesichtigungen bleiben jedoch unerlässlich um etwaige Besonderheiten in der Simulation aufzunehmen, soweit lauteten die Kernaussagen der an der Umfrage teilnehmden Ingenieurbüros.
Wieviel Arbeitszeit nehmen einzelne Prozessschritte in Anspruch?
Die Erstellung von Simulation lässt sich allgemein in drei Arbeitsschritte aufteilen.
Das Pre-Processing bildet die Grundlage. Aufbauend auf diesen Arbeitsschritt erfolgt die Berechnung beziehungsweise die Simulation. Rund 58% der Gesamtarbeitszeit entfällt laut Befragten auf diesen Prozessschritt. Je sorgfältiger und detaillierte Daten aufgenommen und verarbeitet werden, desto präziser kann die Simulation und letztlich die Starkregenkarte erstellt werden. Jedoch bleibt betriebswirtschaftlich abzuschätzen, wieviel Zeit und infolge dessen auch Geld in die Erstellung investiert werden soll. Dem Auftraggeber bietet sich hier aber auch die Möglichkeit zur Kostenreduktion. So kann eine Zusammenstellung von Grundlagen-Informationen in Eigenleistung erfolgen. Insbesondere Informationen, die nicht im DGM dargestellt sind, können dem Ingenieurbüro im Voraus mitgeteilt werden. Beispiele sind Durchlässe und Unterführungen, aber auch exakte Kanalisationsinformationen. Ortsbesichtigungen und Vermessungen bleiben jedoch in Teilen unerlässlich. In den Gesprächen zeigte sich, dass Zusatzinformationen durch Mitarbeiter der Abwasserbetriebe von Nutzen sein können. Häufig besitzen diese fundierte Kenntnisse über Hotspots im Starkregenfall. Daher sollten derartige Informationen in der Simulation Berück-sichtigung finden.
Der prozentuale Anteil der Simulation an der Gesamtarbeit nimmt durchschnittlich 17% in Anspruch nach Auskunft der Ingenieurbüros. Beeinflusst wird dies insbesondere durch die Komplexität der Modelle. Erfolgt eine bidirektionale Kopplung von Kanalnetz und Oberfläche so sind Rechenzeiten von mehreren Tagen keine Seltenheit. Kann die Simulation auf mehrere Rechenkerne aufgeteilt werden, so wird eine Verkürzung Simulationszeit erzielt. Auch die Aufteilung eines großen Modelles in einzelne kleine Teile kann im Einzelfall sinnvoll sein, um die Simulationszeit positiv zu verändern. Die technologische Weiterentwicklung in den vergangenen Jahrzehnten führt zu einer merkenswerten Zeitersparnis im Bereich der Simulation. Besitzt der Auftragnehmer (Ingenieurbüro) eine nicht ausreichende IT-Infrastruktur, so kann die Inanspruchnahme externer Server-Kapazitäten sinnvoll sein, um die Simulationszeit zu verkürzen. Dies kann ebenso durch Aufrüstung der vorhandenen Rechner mit zusätzlichen Hardwarekomponenten erfolgen.
Abschließend erfolgt das Post-Processing. Durchschnittlich nimmt dieser Arbeitsschritt 25% der Gesamtarbeitszeit in Anspruch. Neben der Plausibilitätsprüfung und etwaiger Nachbearbeitung der Starkregenkarte umfasst das Post-Processing auch die Ergebnispräsentation gegenüber dem Auftraggeber.
Welche Programme sind am Markt verfügbar?
Nach Auswertung der Stichprobe zu den verwendeten Programmen bei 17 Ingenieurbüros ergibt sich die Anordnung nach abnehmender absoluten Häufigkeit wie folgt:
- Tandler GeoCPM
- Hydrotec HYDRO_AS-2D
- DHI MIKE URBAN;
ItwH HYSTEM-EXTRAN - Geomer Flood Area
- Innovyze InfoWorks;
Rehm Urbane Sturzfluten
Welche Aspekte waren bei der Auswahl und Anschaffung der Softwareprodukte maßgebend?
Kurz gesagt:
- Benutzerfreundlichkeit
- Berechnungsgeschwindigkeit
- Bandbreite der Funktionen
- Vorhandensein anderer Produkte gleichen Herstellers
Die Simulationen besitzen dabei durchschnittlich eine Gebietsgröße von rund 24km², eine Kanalnetzlänge von 171km und werden mit 3.500.000 TIN-Elementen dargestellt.
Das Thema Starkregengefahrenkarten ist aktuell sehr relevant bei den Abwasserbetrieben. Starkregenereignisse haben in den letzten Jahren viele deutsche Städte, wie Münster im Jahr 2014, Berlin 2017 oder Dülmen 2018 getroffen. Die ausgelösten urbanen Sturzfluten sind dabei Folge der geringen räumlichen Ausdehnung und der kurzen Dauer in Kombination mit einer hohen Niederschlagsintensität. Die Sturmtiefs Elvira und Friederike im Mai, beziehungsweise Juni 2016 mit starken Niederschlägen verursachten Schäden in Höhe von 800 Millionen Euro [GDV, 2017] und gehören damit zu den teuersten Starkregenereignissen der letzten Jahre. Ein erster Schritt in Richtung Vorsorge ist die Darstellung der Überflutungsgefährdung in Starkregengefahrenkarten. Hierzu lieferte die Bachelorarbeit von Christian Bone B.Eng. einen interessanten Beitrag.
Ansprechpartner
Dipl.-Ing. Marco Schlüter
Tel.: 0209 17806-31
E-Mail: schlueter@ikt.de
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